Von der Elbphilharmonie ins Neue Globe

Figurentheater mit Live-Musik in Neuen Globe: Bremer Bühne Cipolla mit „Michael Kohlhaas“ erstmals in Schwäbisch Hall

„Wir sind in unserer Arbeit kompromisslos: Wir machen nur das, wozu wir Bock haben.“ Hinter dieser Aussage von Musiker Gero John steckt vielleicht das Erfolgsgeheimnis der Bremer Bühne Cipolla, die spätestens seit der Verleihung des renommierten Monica-Bleibtreu-Preises 2019 eine der angesagtesten freien Theatergruppen in Deutschland ist. Mit ihrer Adaption von Heinrich von Kleists „Michael Kohlhaas“ als Figurentheater mit Live-Musik sind sie als Teil des Freilichtspiele-Winterprogramms am 10. Februar um 19.30 Uhr erstmals zu Gast im Neuen Globe.

Literatur-Klassiker werden zu „einzigartiger Theater-Magie“

In mehr als zehn Jahren ihrer Zusammenarbeit haben Gero John und Schauspieler Sebastian Kautz ihre ganz eigene, unverwechselbare Theatersprache entwickelt. Mit ihrer Mischung aus Maskentheater, Schauspiel und Musik laden sie ihr Publikum in faszinierende, poetisch-düstere Welten ein. Ausgangspunkt sind dabei zumeist große Klassiker der Weltliteratur, von Autoren wie Thomas Mann, Edgar Allan Poe, Fjodor Dostojewski oder eben Heinrich von Kleist. Ihre Version der Geschichte von Kleists kompromisslosem Rächer Michael Kohlhaas wurde als erste Figurentheater-Inszenierung überhaupt in die Hamburger Elbphilharmonie eingeladen, und das Hamburger Abendblatt schwärmte von „einzigartiger Theater-Magie“.

Mit Masken und Musik in die Tiefen der menschlichen Psyche

Gemeinsam ist John und Kautz vor allem ihr großes Interesse für die Abgründe der menschlichen Psyche. „Wir haben aber kein Interesse daran, Leute abzuschrecken und vor den Kopf zu stoßen, sondern wir laden unser Publikum ein, mit uns ein Stück des Weges in diese unheimlichen Ecken unserer Psyche zu gehen“, betont Gero John. Und gerade das Spiel mit Masken, Puppen und Musik scheine es den Zuschauer*innen oft viel leichter zu machen als im klassischen Schauspiel, sich auf diese Geschichten sinnlich und emotional einzulassen. „Bei Puppen- und Maskenspiel spielt sich ganz viel im Kopf und Herzen der Zuschauer ab, und man spürt oft, wie sie den Abend mit uns sozusagen mitatmen“, beschreibt Sebastian Kautz.

Zwei experimentierfreudige Künstler

Im Gespräch mit den beiden merkt man schnell, dass sich hier zwei Künstler gefunden haben, die von ihren Anfängen an die Lust am Experiment und der Blick über den eigenen Tellerrand eint. Da ist zum einen Sebastian Kautz, der nach einem klassischen Schauspielstudium bald erkennt, dass die Arbeit im Stadttheater nichts für ihn ist, der frei und an eigenen Projekten arbeiten möchte. Er probiert sich in diversen Genres aus, etwa als Radiomoderator oder Regisseur der bremer shakespeare company, und entdeckt bei der Familie Flöz seine Begeisterung fürs Maskentheater. Gero Johns künstlerische Laufbahn beginnt ebenfalls ganz klassisch mit einem Cello-Studium, das oft strenge „Kastendenken“ in der Musik ist jedoch nichts für ihn. Er hängt ein Studium der Kulturwissenschaften dran, startet eigene Musikprojekte, lernt sich in den Bereich Marketing ein.

Mit ihrer Adaption von Thomas Manns „Mario und der Zauberer“ beginnt im Jahr 2011 die Zusammenarbeit der beiden Künstler. „Für mich ist da ganz vieles zusammengekommen, was ich die Jahre zuvor ausprobiert hatte: Musik, Bilder, Puppen, Masken, Verknüpfung von Genres“, berichtet Kautz. „Und wenn ich am Ende einer Cipolla-Vorstellung völlig ausgepowert und schweißüberströmt vor dem Publikum stehe, erfahre ich eine künstlerische Befriedigung, die ich vorher nie so empfand. Ich weiß einfach, dass es das ist, was ich mit Herzblut und Seele machen will.“

© Marianne Menke

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